Pascale Gränicher Was hat es eigentlich mit dieser „Evidenz“ bzw. der „evidence based practice (EBM) auf sich? Was kann evidenzbasiertes Arbeiten, wo liegen die Chancen aber auch die Grenzen? Worauf ist zu achten und wie wenden wir evidenzbasiertes Arbeiten in der Therapie an?
„Evidenzbasierte Medizin“ oder evidence based practice wird durch Sackett et al. (2007) folgendermassen definiert: „[Der] gewissenhafte, ausdrückliche und umsichtige Gebrauch der aktuell besten Beweise für Entscheidungen in der Versorgung eines individuellen Patienten“. Gehen wir dieses riesige Thema mal ganz „physiotypisch“ an. Zählen wir also erstmal auf, warum die Umsetzung vielleicht bei anderen funktioniert, aber ganz sicher nicht bei mir/ uns… Als bekannteste Barrieren für die Umsetzung von evidenzbasierter Arbeit in der Praxis gelten:
Was zeichnet eine „evidenzbasierte“ Arbeitsweise aus und wie könnte sie sogar finanziell lukrativ sein?
Anschliessend geht es um die Patientenpräferenzen, wo vollumfänglich über die Therapieoptionen aufgeklärt und die Wahl gegeben wird, die für sie stimmige Therapie auszusuchen. Es geht darum Wünsche und Vorstellungen zu eruieren und zu besprechen. Oftmals hören wir nur das, was unsere eigenen Überzeugungen und Theorien füttert, aber nicht das, was uns der Patient sagen will. Wir müssen besonders mit dem Anspruch der evidenzbasierten Praxis wieder lernen mehr zuzuhören. Der Patient soll seine Probleme auf Augenhöhe mit uns besprechen können. Die Expertise des Therapeuten bleibt davon unberührt, die therapeutische Krone vollzackig und wird zukünftig von den Patienten hoffentlich noch strahlender und beeindruckender wahrgenommen. 😉 Also… was nun?Machen wir uns nichts vor: Evidenzbasiertes Arbeiten ist besonders am Anfang aufwendig und anstrengend. Es erfordert mehr Einsatz als andere Therapieansätze. Dafür ist diese Vorgehensweise ethisch vertretbar, therapeutisch befriedigend, motivierend und steigert deutlich die eigenen therapeutischen Kompetenzen. Was macht EBP mit unserem Beruf? Ist dieses Thema nur eine momentane Mode oder steckt mehr dahinter? Die berufspolitischen Diskussionen zeigen deutlich, wohin der Weg geht und was passiert, wenn wir uns nicht schleunigst mit diesem Thema seriös auseinandersetzen. Wir sollten der Evidenz unsere Aufmerksamkeit widmen und den dringend notwendigen Platz in unserem Therapiemanagement einräumen. Immer mehr Kolleginnen und Kollegen wählen den Weg der Akademisierung, ein durchweg sehr positives Signal. Wenngleich es auch an vielen Hochschulen im deutschsprachigen Raum qualitativ immer noch deutlich Luft nach oben hat. Trotz so mancher Defizite, ist die flächendeckende Akademisierung aber der richtige Weg und es ist davon auszugehen, dass die EBP deutlich mehr ist, als nur eine Modeerscheinung von ein paar „Physiohipstern“. Es zeigt die vermutlich einzig sinnvolle Zukunft unseres Berufes und den Weg zu einem besseren Standing im medizinischen Bereich auf. EBP kann zu einem immens wichtigen Argument für eine bessere Vergütung werden, wenn die Berufsverbände das Potential und die Möglichkeiten erkennen, welche sich da- hinter verstecken und nicht weiterhin ihr eigenes lukratives Zertifikatesüppchen kochen würden. Eines sollten wir aber nicht vergessen, schlichtweg zur Seite schieben oder unterschätzen:Wir müssen, aller teilweise auftretenden Schwierigkeiten zum Trotz, auch die nicht-akademisierten Kollegen in das therapeutische Boot holen! Nur mit vereinten Kräften können wir den festgefahrenen Wagen Physiotherapie aus dem Dreck ziehen. Das geht nur mit Respekt, Kommunikation auf Augenhöhe, durch die Anerkennung von Ängsten und Vorbehalten und immer wiederkehrender Erklärungen über EBM. Nur dann haben wir eine Chance unseren Beruf in einem überschaubaren Zeitfenster dorthin zu bringen, wo er verdient hat zu stehen. Gewiss sind noch dicke Bretter zu bohren, aber der Vorschlaghammer allein hilft da wenig. Es braucht Zeit, aber es kann sich lohnen. Was denkst Du über EBP? Wir sind gespannt auf Deine Meinung!Hast Du vielleicht sogar Lust bekommen, mehr zu diesem spannenden Thema zu erfahren? Dann bist Du herzlich eingeladen, auf www.science2practice.ch zu klicken und mehr über unser Angebot mit Daniel Riese und seinem „Research to practice“-Kurs vom 14.-15.03.2020 in Düsseldorf zu erfahren. Deine Fragen zu unseren Veranstaltungen stellst Du am besten direkt an science2practice. Wir würden uns freuen von Dir zu hören!
2 Comments
15/4/2021 16:49:07
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen
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3/3/2022 21:28:19
Es ist einfach toll, dass Ihr so gut organisiert seid. Danke auch für die unermüdliche Arbeit, die ihr leistet.
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AutorSchreiben Sie etwas über sich. Es muss nichts ausgefallenes sein, nur ein kleiner Überblick. Archiv
September 2023
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